politische musik

- gibt’s das überhaupt ?
NEIN

wer sich ernsthaft auf die suche nach dem politischen potential oder gehalt der musik macht und nicht an anderen stationen (siehe dort), die vordergründige antworten anbieten, aussteigt, kommt früher oder später zur improvisierten musik.
(er muss nicht dabei stehen bleiben)
es gibt viele wege, die dorthin führen, meiner war der in anderen abschnitten genannte.

es ist, so glaube ich zeit, worte zu verlieren, was politische musik für mich ist.
warum ich diese suchte, wurde an anderer stelle in diesem reisebericht erzählt.
daraus und aus diesem bericht selbst wird hoffentlich einiges deutlich:
-für mich bedeutet mensch sein, zu denken, zu handeln, zu fühlen und sich selbst zu bestimmen
-das was uns zu menschen macht, ist neugier, kreative neugier
-also will ich wissen, warum ich hier bin, was das alles soll und auch warum es so schwierig ist, sich selbst zu bestimmen
-da ich aber auch handele und meine neugier eine kreative ist, liegt es nahe, mich zu fragen, wie ich diese fragen und deren antworten in meine kunst einfliessen lasse, bzw. wie meine kunst auf diese fragen/antworten reagiert.
-„unglücklicher weise“ habe ich den klang als mein medium gewählt (oder er mich?) –
-ein abstrakteres und schneller wieder verschwindendes medium hätte mir wirklich nicht einfallen können – das macht die ganze frage so spannend und schwierig.....
einige dieser statements wirken schwer und pathetisch – das ist nur ihre schriftliche erscheinungsform. in meinem tag sind sie alltägliche kleine fragen. was hier wie die große wahrheit klingt, ist in wirklichkeit mein alltag.

-musik ist immer politisch, (zitat)
was mir als platitude erscheint, habe ich schon oft erklären müssen.
so richtig diese aussage in bezug auf die funktion der musik ist, so wenig gibt sie her als aussage über den „reinen“ klang – und das ist ja nach all den versuchen in rockbands die große frage....
leider folgt also aus dem statement, dass alle musik eo ipso politisch sei, nicht, dass ich mir keine gedanken mehr machen muß. im gegenteil, wenn sie immer politisch ist, ist sie also auch von jedem benutzbar, d,h, auch hier bestimmt der zusammenhang (der benutzer) den politischen inhalt.
-musik ist eine hure, jeder kann sie benutzen (zitat)
wie mache ich aber mit dem, was ich zu fragen und dem was ich zu sagen habe, meine eigene politische musik?
nun, die antwort ist klar:
es ist nicht möglich, durch einen klang, eine note oder eine aneinanderreihung ebenjener, diese, meine politische musik zu erschaffen.
musik und ich beginne jetzt, wie gelesen von klang zu schreiben, ist immer dann in meinem sinne politisch wenn sie sich ihrer rolle in der gesellschaft bewusst ist. da musik kein bewußtsein hat, verlagern sich meine ansprüche an den politischen gehalt der musik mit dieser erkenntnis auf den musiker.

„wer nur was von musik versteht, versteht auch davon nichts“ (h. eisler)

der rest zu diesem thema ist überall in meinem reisebericht zu finden .......

kick out the jams brothers ‘n sisters


aus „über Dilletanitismus, Professionalisierung, Avantgarde in der abendländischen Kultur, insbesondere der Musik“
ein Traktat geschrieben im Zusammenhang
mit Auseinandersetzungen über Heinrich Mucken 1985/86

.... von dieser Grundlage ausgehend, ist also jeder Musiker, der sich den gängigen Maßstäben, sei es durch disharmonisches Spiel, freie Rhythmen, ungewöhnliche Instrumentierung etc. entzieht, von vorneherein weitestehend von der Möglichkeit, mit seiner Kunst seinen Lebensunterhalt zu verdienen, ausgeschlossen, da er sich nicht nur unkontrollierbar und unberechenbar macht, sondern sich auch so darstellt.
Professionalisierung hat sich, um sich wirklich entlohnbar reproduzieren zu können, den Verwertungsmaßstäben unterzuordnen, d.h. konkret: ein professioneller Künstler muß in seinem Bereich handwerklich perfekt sein und langläufigen Hör- und Sehgewohnheiten folgen;
oder: er hat sich gefälligst anzupassen und seine phantasie-treibende, freiheitsorientierte Faulheit zugunsten intensiver, sich mit der Materie auseinandersetzenden Arbeitszeit aufzugeben.
So ist es auch im finanziellen Sinne nur logisch, dass „fortschrittliche“ Musiker sich bis auf einige wenige rühmliche Ausnahmen auf die verbalen Inhalte ihrer Stücke konzentrieren (d.h. sie versuchen „linke“ texte zu machen)...
Im Grunde handelt es sich hier also nicht um „fortschrittliche“ Musiker sondern höchstens um ebensolche Dichter. In Umkehrung des hinlänglich bekannten Zitats von Hans Eisler: „Wer nur etwas von Musik versteht, versteht auch davon nichts“ sollte man von ihnen sahen: „Wer nur etwas von Politik versteht, versteht auch davon nichts.“ Sie sind Dieletanten des Bewusstseins und das ist schlimmer als ein Dieletant des Handwerks, womit nicht gemeint ist, und das sei explizit gesagt, dass die Form hinter dem Inhalt zu verschwinden habe.
Diese „Musiker“ bleiben also nicht nur hinter ihrem Anspruch zurück ... , sondern sie helfen durch die Übernahme der Maßstäbe bei der Unterdrückung ursprünglicher, kreativer Äußerung, die anfänglich immer ‚dieledantisch’ (wie können sie auch anders) sind. In diesem Land gibt es mindestens 60 mill. Dilletanten, die von tief eingetrichterten, durch bildungsinstitutionen und Medien vermittelten Kunstvorstellungen und –definitionen von der Äußerung ihres potentiell ‚dilletantischen Genies’ abgehalten werden und somit auch an der Entwicklung ihres ‚perfekten Genies’ gehindert werden.
Aus diesem Zusammenhang wird deutlich, dass Dilletantismus nicht als allein-seeligmachendes Mittel oder solcher Inhalt zu verstehen ist. Viel mehr ist er wichtiges Durchgangsstaium zum unausweichlichen, aber nicht notwendigem Perfektionismus, im Sinne Teng-W-Leis, der sagt: „Wer viel spielt wird automatisch besser“.
Der sog. „legitime Dilletantismus“, von Künstlern mit hohem handwerklichen Perfektionsgrad bewusst eingesetzt, um mit Tradition zu brechen und „revolutionäre Kunst“ zu schaffen, ... , ist genauso falsch, da unglaubwürdig wie der Anspruch, mit einem Kunstwerk erst dann an die Öffentlichkeit zu treten, wenn es einem bestimmten Perfektionsgrad erreicht hat, ...
Ein Kriterium für eine materialistische Bewertunng künstlerischer Äußerung darf also nicht mehr die Frage sein, ob es dilletantisch oder perfekt dargeboten ist.
....
abschließend lässt sich feststellen:
-die Frage „Dilletantismus oder Perfektionismus“ tritt hinter das Primat der Glaubwürdigkeit und des Gestus zurück.
-Vorangehend Kunst, also im wörtlichen Sinne ‚Avantgarde’ misst sich nicht am Gebrauch bestimmter „fortschrittlicher“ Worte, Melodien oder Bilder, sondern an der Art und Weise wie Formen benutzt werden. In diesem Sinne ist die Form der Inhalt.
-.....